Der Stein in meinem Schuh

Es hat geregnet,  doch jetzt ist die Sonne wieder da und es zieht mich raus. Es ist September - ich möchte spazieren gehen, noch einmal die letzten Sonnenstrahlen genießen und etwas Sonne tanken – bewegen in der herbstlichen Natur. Doch bereits nach wenigen Metern hab‘ ich einen Stein in meinem Schuh.

Zunächst ist es nur ein leichtes Kratzen, das ich noch ignorieren kann.
Ich versuche während des Laufens das Steinchen ein bisschen zu verschieben, so dass es nicht mehr an meiner Ferse scheuert. Es klappt nicht – ich bewege den Fuß hin und her – der Stein ist unerbittlich! Ich bleibe stehen, stülpe den Socken um, mache mich auf die Suche und versuche das corpus delicti zu entdecken. Ah ja, da ist er ja – ein winzig kleiner Kieselsteinbrösel hat sich in meinem Schuh versteckt. Ich schüttle und denke mir: Weg mit dir, marsch ab auf den Weg, wo du hingehörst!

 

Ja fein,  ich gehe weiter, gemütlich und etwas langsam, es eilt ja nicht. Ich lasse den Blick schweifen, genieße die Landschaft um mich; der Himmel klart auf, richtig schöne himmelblaue Wölkchen über mir.

 

Und stop – da ist er wieder – der nächste Stein. Da ich alleine unterwegs bin, könnte ich mich jetzt natürlich wieder bücken, das Steinchen entfernen – ich halte niemanden auf. Ich könnte anhalten, entfernen, was drückt – doch nein, ich möchte „es“ aushalten.  In guter Entfernung sehe ich eine Bank, erst dort möchte ich mich setzen und sehen, was nun schon wieder drückt.


Ich überlege: Warum jetzt nun schon wieder ein Stein? Ist das mein persönlicher Stolperstein auf diesem schönen Weg? 

Was ist es, was mich dauernd aufhält, stolpern lässt, mich am gehen hindert, meinen geraden Weg krumm macht?


Wie gehst Du mit Störungen um? Früher und heute?

Will ich diesen Störungen nachgeben, einfach weiter gehen?
Wie gesagt - ich bin ja alleine unterwegs, ich habe niemanden der sich jetzt ärgert oder ungeduldig wird, weil ich schon wieder anhalten muss. Niemand, der mich fragt „Ach, musst du schon wieder stehen bleiben, was ist denn mit deinem Schuh?“

Mir fällt ein, wie es früher war, als kleines Kind. Ich war ein Stolperkind und fiel ganz oft hin. Auf jedem Bild nach den Sommerferien war ich auf den Klassenbildern mit Pflaster am Knie zu sehen.

Immer noch hab ich die Stimme meiner Mutter im Ohr, die mit mir schimpfte „… schon wieder ein aufgeschlagenes Knie; wie sieht das denn aus?“ Doch mir hätten die aufgeschlagenen Knie nichts ausgemacht - wenn der erste Schmerz vorüber war, dann klebte ein Pflaster darauf und machte mich – zu etwas Besonderem! Es war spannend und ich war einzigartig.  Doch meine Umwelt sah das anders  – aufgeschlagene Knie; das ging gar nicht – man war schon fast ein Rabauke und kein kleines braves Mädchen mehr.

Und das alles kommt mir jetzt, nach gut 50 Jahren in den Sinn – bei meinen kleinen Steinchen im Schuh. Jetzt könnte ich jederzeit stehen bleiben oder mich frei entscheiden: ich halte durch und warte bis zur Bank, um die Stolpersteine zu entfernen.  


Meine Selbst-Erfahrung
und eine schöne Begegnung

Warum gehe ich weiter? Es ist ein Selbsttest: 

Lasse ich mich wirklich von jedem kleinen Stein unterbrechen? 

Ist es mir wichtig, meinem Ziel ohne Unterbrechung entgegen zu laufen? Ich bin ja noch gar nicht richtig in Schwung gekommen – ist es das? 

 

Es ist spannend zu sehen, wie man reagiert, wenn man die Gedanken laufen lässt. Alles fließt vor sich hin. Dabei ist es jetzt nur wichtig, einfach immer wieder hin zu hören, hin zu spüren, hin zu sehen: 


Was ist es, was mich jetzt gerade beschäftigt?

Ach übrigens: als ich auf meiner Bank saß, Socken aus, schütteln und wieder anziehen, traf ich eine nette Dame mit der ich ins Gespräch kam. Wir lachten beide herzlich über die seltsamen Unterbrechungen auf unseren Wegen und freuten uns, dass wir uns trafen – einfach so an dieser Bank. So kann man Unterbrechungen auch nutzen!

Sind es nicht oft die von uns als Störung wahrgenommenen Unterbrechungen, die ganz neue Aspekte aufzeigen? Die Neues ins Leben bringen?

Es ist jetzt und immer mein freier Wille, 
wie ich mit diesen Störungen umgehe.


Mit Farben um die Welt

Mir hat geholfen, dass ich regelmäßig dafür sorge, achtsam alle Farben in mir zu aktivieren. Nicht nur über Chakra-Übungen, sondern auch über Meditationen, die mich erden, zu mir bringen. Oder meine Gedanken fliegen lassen. Es ist wunderbar immer wieder zu spüren, zu hören, zu sehen wo Farben wirken, wo sie mir begegnen und was sie mit mir machen.

Der September ist meiner #monatsfarbe NATURBRAUN gewidmet. 

Braun ist eine Mischfarbe aus allen Spektralfarben und wird von sehr vielen europäischen Menschen aus der Tradition als dunkel (machtfixiert), schmuddelig und unsauber interpretiert. 

Und gerade in dieser Mischung aller Farben liegt der besondere Reiz: Braun kann immer wieder ganz anders aussehen – mehr Graubraun wie Stein / dunkel wie sattes Holzbraun / mehr Ocker oder Sandfarben … Naturvölker hatten einen ganz anderen Bezug zu dieser Farbe: Brauntöne wurden als Ockermischungen in der Höhlenmalerei (Australien) eingesetzt oder teilweise wurde aus einbalsamierten Mumien in Ägypten ein brauner Farbstoff für die Malerei gewonnen (Quelle www.äegypteninfo.de).


Mein persönlicher „Naturbraun-Turbo“ ist übrigens der herbstliche Sonnenspaziergang. So wie dieses mal. Die Natur zeigt mir immer wieder, dass unsere Welt zwar aus Dualitäten (den Weg gehen sowie auf dem Weg zum Stillstand aufgefordert werden) aber auch aus dem Wunsch zu Harmonie besteht.


Braun – eine harmonische Farbe?

Für mich war die zentrale Frage bei diesem Spaziergang: Wie  komme ich in Harmonie, wie behalte ich mir meine Stabilität, meine Gemütlichkeit (Empfindungen, die der Farbe BRAUN zugeordnet werden) – trotz der Steinchen auf dem Weg? 

Was wäre in dieser Situation Deine Lösung?

 

Übrigens: Nun war Schluss. Ich war mehr als  eine Stunde unterwegs – keine Unterbrechung mehr, nur wunderschöne Ausblicke von ganz viel verblühender Herbstschönheit um mich. 

Also Augen auf und sehen, riechen, hören – und gehen.

Es ist ein schönes Leben - meint eure Susanne, die Farbenfrau